Fahrerinfo

Die Pläne der EU zur Steigerung der Verkehrssicherheit und Förderung emissionsarmer Mobilität

Coverstory 2 | 2017

Verkehrsthemen standen im Mittelpunkt des zweiten Teils des EU-Unterausschusses im Mai dieses Jahres, die die Abgeordneten mit Bundesminister Jörg Leichtfried diskutierten. Ihnen lagen die Deklaration von Valletta zur Steigerung der Verkehrssicherheit und die Mitteilung der Kommission unter dem Titel „Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität“ vor.

EU will 2050 keine Verkehrstoten mehr auf Europas Straßen

Die Eu setzt sich für die Senkung von Verkehrstoten ambitionierte Ziele: Von 2020 bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten halbiert werden, bis 2050 sollte es laut EU-Kommission keine Toten mehr auf den Straßen der Union geben. Grundlegendes Papier dafür ist die sogenannte Valletta-Deklaration, die am 29. März 2017 alle EU-Mitgliedsländer sowie Norwegen, Bosnien-Herzegowina und Albanien unterzeichnet haben. Das Dokument darf als ein politisches Bekenntnis zu noch mehr Anstrengungen im Interesse der Verkehrssicherheit gesehen werden. Es umfasst sowohl politische Maßnahmen als auch Maßnahmen im Bereich der technischen Ausstattung, der Infrastruktur und bei der LenkerInnenausbildung. Dass es möglich ist, die Zahl der Verkehrstoten durch geeignete Schritte zu reduzieren, beweisen die Zahlen. Im vergangenen Jahr kamen laut Verkehrsministerium 25.500 Menschen auf den Straßen innerhalb der EU ums Leben, das waren 600 Personen weniger als im Jahr zuvor.

Ablenkung und Unachtsamkeit Hauptgründe für Unfälle

Auch innerstaatlich beginnen die gesetzten Maßnahmen zu wirken, versicherte Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Als Hauptgrund für die meisten Unfälle nannte er die Ablenkung, insbesondere durch das Telefonieren mit dem Handy. Nicht zu unterschätzen sei eine plötzliche kurzfristige Unachtsamkeit, sagte er. Als großes Problem haben sich auch junge männliche Autofahrer erwiesen, weshalb die Ausdehnung des Probeführerscheins der richtige Weg war. Bei der Strategie gegen die nicht angepasste Geschwindigkeit sei man gut weitergekommen, stellte der Minister fest.

Härtere Sanktionen für Handy am Steuer
Die Abgeordneten unterstützten den Minister bei seinen Bemühungen weitgehend. Georg Willi (Grüne) sprach sich dafür aus, das Telefonieren oder auch das Spielen mit dem Handy während des Fahrens mit wesentlich härteren Sanktionen zu belegen.
Die FahrerInnen verlassen sich auch zunehmend auf Assistenzsysteme, was nach Ansicht Willis ebenfalls zu mehr Unachtsamkeit verleitet. Demgegenüber meinte Christian Hafenecker (Freiheitliche), Assistenzsysteme würden zur Verkehrssicherheit beitragen und sollten gezielt gefördert werden. Für viele seien derartige Systeme nicht leistbar. Das griff der Minister gerne auf, da derartige Systeme aus seiner Sicht durchaus nützlich sind, Unfälle zu vermeiden. Auch aus industriepolitischer Sicht will er über eine solche Förderung nachdenken.

Fußgänger im Fokus der Sicherheit

Einig waren sich die Abgeordneten darin, mehr auf die FußgängerInnen zu achten, wobei Willi die Verantwortung für die eigene Sicherheit, etwa durch gut sichtbare Kleidung, nicht allein bei den FußgängerInnen sehen möchte. Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ) forderte, etwas gegen jene zu tun, die bei Verkehrsunfällen langsam fahren, fotografieren und filmen und dabei die Hilfsorganisationen behindern. In diesem Zusammenhang verwies er auf das deutsche Beispiel, wo es eine Straferhöhung gegenüber derartigen Gaffern gibt.

Mangelnde Rundumsicht bei Lkw

Was die Lkw-Sicherheit betrifft, so entstehe ein großes Problem durch mangelnde Rundumsicht vor allem im städtischen Raum, erläuterte der Minister. Die Lkw-Lobby habe sich bislang erfolgreich gegen eine entsprechende Nachrüstung gewehrt, warf Georg Willi ein. Anton Heinzl warnte im Rahmen dieser Debatte davor, die Durchfahrt durch Gigaliner zu erlauben, und erinnerte an den Beschluss aller sechs Fraktionen gegen derartige Groß-Lkw.

Abermals scharfe Kritik an deutscher Autobahnmaut

Thema bei diesem Diskussionspunkt war auch die deutsche Autobahnmaut, die Anton Heinzl einmal mehr als diskriminierende Ausländermaut bezeichnete. Die Anregung von Christian Hafenecker, man könnte ja zunächst einmal den kleinen Grenzverkehr bilateral lösen, hielt Hannes Weninger (SPÖ) für den falschen Ansatz. Er warnte davor, in einer Phase, in der Österreich geschlossen vorgeht, mit kleineren Kompromissvarianten vorzupreschen.
Nach Auskunft des Ministers müsste Österreich mit der Klage warten, bis die Unterschrift des deutschen Bundespräsidenten unter dem Gesetz vorliegt und dieses kundgemacht wurde. Abzuwarten sei zudem das dreimonatige Mediationsverfahren bei der Europäischen Kommission. Der Minister übte auch Kritik an seinem deutschen Amtskollegen, mit dem es nicht möglich gewesen sei, direkt über diese Frage zu sprechen. Der Minister rechnet mit einem erfolgreichen Verfahren vor dem EuGH, alles andere hätte weit über die Maut hinausgehende Konsequenzen, merkte er an.
Allgemein stellte Leichtfried fest, die Maut in Österreich funktioniere gut. Im Zuge der neuen Wegekostenrichtlinie führe man Gespräche, um noch mehr Möglichkeiten zu bekommen.

EU-Vorstoß für emissionsarme Mobilität verbunden mit Innovation und Wirtschaftlichkeit

Mit der im Juli dieses Jahres verabschiedeten europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität will die Kommission Leitprinzipien für die Mitgliedstaaten erstellen, die sowohl der Notwendigkeit der Reduktion von Schadstoffemissionen als auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und dem Mobilitätsbedarf von Menschen und Gütern Rechnung tragen. Die Strategie ist als ein Instrument gedacht, um die europäische Wirtschaft zu modernisieren und den Binnenmarkt zu stärken. Die Kommission wendet mit dieser Strategie aber auch den Blick auf die Bürgerinnen und Bürger, die von einer besseren Luftqualität, weniger Lärm, mehr Verkehrsentlastung und mehr Sicherheit sowie von effizienteren und sparsameren Kraftfahrzeugen profitieren sollen. Die Strategie stützt sich auf bestehende Mechanismen und Fonds, wobei die aktuelle Investitionsoffensive für Europa eine wichtige Rolle spielt.
Bundesminister Jörg Leichtfried begrüßte die Rahmenstrategie als wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors bis zum Jahr 2050. Die EU-Maßnahmen müssen selbstverständlich durch nationale Schritte ergänzt werden, sagte der Minister, der diesen Schwerpunkt auch als eine große Chance für die österreichische Wirtschaft bezeichnete. Österreich hat als Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimavertrags bereits im Dezember des Vorjahres einen Strategierahmen „Saubere Energie im Verkehr“ erstellt.

E-Mobilität: EU drängt auf Tempo

Wie das EU-Dokument festhält, sollen digitale Technologien, insbesondere kooperative intelligente Verkehrssysteme, besser genützt werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehr effizienter und attraktiver zu gestalten. Weiters soll die Verkehrsverlagerung auf emissionsärmere Verkehrsträger gefördert und die Effizienz des Verkehrssystems gesteigert werden. Nachdem der Verkehrssektor in der EU noch immer zu etwa 94 Prozent vom Erdöl abhängt, drängt man zudem auf eine raschere Einführung emissionsarmer alternativer Energieträger im Verkehrssektor – u. a. durch fortschrittliche Biokraftstoffe, Strom und synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen – sowie auf den Übergang zu emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen. In diesem Zusammenhang misst die Kommission der Förderung von Forschung und Innovation im Hinblick auf emissionsarme Mobilität besondere Bedeutung bei, starke Innovationsanreize sollen beschleunigend wirken. Außerdem versucht man, mehr Synergien zwischen dem Energie- und dem Verkehrssystem zu erzielen. Die Kommission hat auch bereits einige wichtige Maßnahmen in Bezug auf das Verfahren zur Messung und Kontrolle der Abgasemissionen von Fahrzeugen vorgeschlagen und umgesetzt, um sicherzustellen, dass Normen auch etwas bewirken und man sich darauf verlassen kann.
Da die Verkehrsbranche ein wichtiger Arbeitgeber ist, werden ArbeitnehmerInnen im Rahmen der Europäischen Agenda für neue Kompetenzen dabei unterstützt, die für den technologischen Übergang zu emissionsarmer Mobilität notwendigen Fähigkeiten zu erlangen.
Städte und Gemeinden sind zudem aufgefordert, Anreize zur Nutzung emissionsarmer alternativer Energien und Fahrzeuge zu bieten und die Verlagerung des Verkehrs zu öffentlichen Verkehrsmitteln und/oder gemeinsamen Mobilitätslösungen (z. B. Bike-/Carsharing und Fahrgemeinschaften) zu fördern und die BürgerInnen zu aktiver Fortbewegung (Rad- und Fußverkehr) zu motivieren. Vor allem ist es in den Augen der Kommission erforderlich, die CO2-Emissionen von Lkw, Stadtbussen und Fernbussen zu reduzieren. Auf diese Fahrzeuge entfällt derzeit rund ein Viertel der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen bei steigender Tendenz.