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Fairer Wettbewerb - Bestbieter statt Billigstbieter

Coverstory 2|2015

Qualität und Leistung sollen im Vordergrund stehen und nicht der maximale Profit. Schon seit geraumer Zeit fordert der Betriebsratsvorsitzende des ÖBB-Postbus, Robert Wurm, die Berücksichtigung von Sozial- und Qualitätskriterien bei Buslinien-Ausschreibungen der Verkehrsbünde. Auch ÖBB-Generaldirektor Christian Kern schließt sich diesen Forderungen an.

Durch die Folgen der Wirtschaftskrise und die damit verbundenen knappen Budgets erhielten vor allem die Billigbieter, ohne Rücksicht auf Qualität, den Zuschlag. Die Folgen schlugen hohe Wellen, denn  die ansteigende Anzahl der Subunternehmensketten führte zu einem Unterlaufen der Kollektivverträge, und die Haftungen bei eventuellen Schäden oder Nichterfüllung verliefen im Sand.
Die EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe lassen zahlreiche Qualitätskriterien – bezogen auf Umwelt-, Sozial-und Arbeitsrechtsaspekte – zu. Um diese Möglichkeiten auszuschöpfen und Sozialdumping zu verhindern, wurde die Sozialpartnerinitiative „Faire Vergabe“ etabliert. (www.faire-vergaben.at)
Auch die AK setzt sich mit anderen Einrichtungen ein, eine Plattform von Informationen über „schwarze Schafe“ zu schaffen und gesetzliche Auskunftsrechte und Informationspflichten zu verbessern. So sollten künftig AuftragnehmerInnen, die durch häufige Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften aufgefallen sind, für einen bestimmten Zeitraum von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Zudem fordert die AK, dass dieses Prinzip endlich auch für öffentliche Auftragsvergaben im Bereich des Nahverkehrs  – insbesondere bei Buslinien – von Ländern und Verkehrsverbänden angewendet wird.

Billigpreis-Strategie unterbinden

„Faktum ist, dass jeder Verkehrsbund seine eigene Billigpreis-Strategie fährt, statt sich an einer Gesamt-Verkehrslösung zu orientieren. Eine Sozialpartner-Arbeitsgruppe hat bereits vor einiger Zeit Vorschläge für Sozialkriterien bei Ausschreibungen im Personenverkehr erarbeitet“, sagt Bertriebsratvorsitzender Robert Wurm.
ÖBB-Chef Kern hat die Bundesländer zu einer besseren „föderalen Selbstorganisation“ im Autobusverkehr aufgerufen. Derzeit führen die Ausschreibungen zu höheren Kosten und mehr leeren Kilometern. Ein Bus mit „falscher“ Außenfarbe dürfe nicht in zwei angrenzenden Bundesländern fahren. Dadurch entstehen für die ÖBB-Tochter Postbus höhere Kosten, so Kern.
Des Weiteren will Kern an den Sozialkriterien der Ausschreibungen arbeiten. Beispielsweise könnte vorgegeben werden, dass ein Viertel der eingesetzten LenkerInnen über 50 Jahre alt sein muss.
Ohne Sozialkriterien habe der ÖBB-Postbus wegen der Altersstruktur seiner LenkerInnen einen klaren Wettbewerbsnachteil durch höhere Personalkosten und höhere Ausfallquoten. Daher wird auch das derzeit diskutierte „Bonus-Malus-System“ (mehr dazu am Ende des Beitrages) von der ÖBB befürwortet. „Erfahrene ältere und deshalb teurere LenkerInnen sollen nicht diskriminiert werden. Genau das passiert aber, wenn jüngere Lenkerinnen und Lenker zur Kalkulationsgrundlage werden“, so Wurm.

Kern: „Wir brauchen eine bessere Abstimmung der Bundesländer und Verkehrsbünde“

Bei den ÖBB und der ASFINAG wird nach Kriterien wie Gesundheitsschutz und MitarbeiterInnenqualifikationen gesucht. Seit letztem Jahr gelten bei Ausschreibungen beider Organisationen das Bestbieter- und nicht mehr das Billigstbieterprinzip. Infrastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) kündigte in einer Aussendung an, dass dies auch beim Busverkehr spruchreif sei.
„Es kann jedenfalls nicht so weitergehen, dass letztlich die Allgemeinheit über die Steuern und die Sozialversicherung den Preis für die ,Geiz ist Geil‘-Strategie der Verkehrsverbünde zahlen muss. Da ist auch der Gesetzgeber gefordert, ein Machtwort zu sprechen“, sagte Robert Wurm abschließend.

Antrag von Robert Wurm zur 164. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien am 29. Mai 2015.

  • Bestbieter statt Billigstbieter bei Ausschreibungen von Buslinien.
  • Ja zu Sozialkriterien bei Ausschreibungen von Buslinien.
  • Qualität und Leistung statt maximaler Profit zum Nachteil der Fahrgäste und des Personals der Busunternehmen.

Die Vollversammlung der AK Wien fordert einstimmig:
Das Verkehrsministerium soll ein Modell ausarbeiten, das die Anwendung des Bestbieterprinzips bei der Vergabe von Verkehrsleistungen ermöglicht.
Darüber hinaus soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass bei Qualitäts- und Sozialkriterien sowie bei einem freiwilligen Personalübergang eine klare bundesweite Regelung erlassen wird.

Bonus-Malus-System umsetzen!
Das Bonus-Malus-System sieht vor, dass Unternehmen mit überdurchschnittlich vielen älteren Beschäftigten einen Bonus erhalten, mit dem sie zum Beispiel Investitionen in altersgerechte Arbeitsplätze finanzieren können.
„Österreich leidet unter der Rekordarbeitslosigkeit, viel fehlt nicht mehr, und die 400.000er-Marke ist überschritten“, sagt Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB.
Besonders dramatisch ist die Situation der Älteren: Bei den über 50-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit in nur einem Jahr um 16,8 Prozent gestiegen. „Viele Unternehmen haben damit aufgehört, Menschen über 50 zu beschäftigen.
Deshalb muss das im Regierungsprogramm vorgesehene Bonus-Malus-System endlich umgesetzt werden. Die Blockade der Wirtschaft muss ein Ende haben“, fordert Achitz.