LKW-Führerschein ab 17 Jahren: Verjüngungskur oder Sicherheitsrisiko?

WKÖ

LKW-FahrerInnen werden immer älter und genau das lässt in der Wirtschaft die Alarmglocken läuten, denn in den nächsten Jahren werden mehrere tausend neue LenkerInnen benötigt. Eine neue Novelle soll dem Mangel an Fachkräften Abhilfe beschaffen: der „L17 für LKW“. Damit sollen Lehrlinge künftig schon mit 17 Jahren in Begleitung Lastkraftwagen fahren dürfen und mit dem Sammeln von praktischer LKW-Fahrerfahrung beginnen können.
Seit 2019 bemüht sich die WKÖ-Bundessparte Verkehr in Brüssel darum, das L17-Modell bei PKW auch auf den LKW-Bereich auszudehnen. Das könnte nun von Erfolg gekrönt sein. Die Europäische Kommission sieht in ihrem jüngsten Vorschlag zur Änderung der EU-Führerscheinrichtlinie vor, dass junge Menschen ab 17 Jahren bereits ihre C-Führerscheinprüfung ablegen und nach dem Konzept des „begleitenden Fahrens“ mit dem Sammeln von praktischer Fahrerfahrung von PKW und LKW beginnen können. 
Die WKÖ zeigt sich von diesem Vorschlage begeistert: Fachverbandsobmann Markus Fischer: „Durch begleitendes Fahren ab 17 wird Fahrpraxis gesammelt und damit die Sicherheit erhöht.“
Der Durch diese Novelle der EU soll der Lehrberuf attraktiver für die Jungen werden. 
WKÖ sieht Vorschlag als Aufwertung des Lehrberufs BerufkraftfahrerInnen
Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission würde in jedem Fall für eine „Aufwertung des Lehrberufs BerufskraftfahrerIn“ sorgen und den Beruf für Jugendliche interessanter und attraktiver machen. Zudem würde eines der größten Hindernisse für den Berufseinstieg junger Menschen beseitigt werden, im Konkreten die Lücke zwischen dem Alter, mit dem sie die Schule abschließen, und jenem Alter, mit dem sie BerufskraftfahrerIn werden dürfen. Das Konzept des Fachverbands gehe sogar noch einen Schritt weiter: Idealerweise sollte es möglich sein, bereits ab dem 16. Lebensjahr Praxiserfahrung in Begleitung von erfahrenen LenkerInnen zu sammeln und ab dem 17. Lebensjahr selbst als FahrerIn tätig zu werden. Das essenzielle Ziel sei laut Markus Fischer die Aufwertung des Lehrberufs und die damit einhergehende Möglichkeit, als BerufseinsteigerIn optimal in die Transportbranche hineinzuwachsen.
Gewerkschaft vida: NEIN zu Jugendlichen am Steuer von über 40-Tonnen-LKW
So begeistert man sich in der WKÖ von diesem Vorschlag zeigt, bei der Gewerkschaft vida ist man von der geplanten Novelle nicht sehr angetan.
„Bei aller sich für die WKÖ ‚bezahlt machender Hartnäckigkeit‘ soll sie bei ihrem Jubel über den L17 für den LKW-Bereich den Sicherheitsaspekt nicht ausblenden. Ich halte nichts davon, dass 17-Jährige ohne ausreichende Fahrpraxis schon Schwerlasten über 40 Tonnen durch den Straßenverkehr lenken sollen – es geht dabei um ihre eigene und um die Sicherheit aller VerkehrsteilnehmerInnen“, argumentiert Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida, gegen den von der Europäischen Kommission vorgestellten Vorschlag für eine Novelle der EU-Führerschein-Richtlinie. 
Auf strategischem Holzweg
Laut vida-Gewerkschafter Petritsch befänden sich WKÖ und EU-Kommission mit der Senkung des Alters zur Inbetriebnahme eines 40-Tonners auf der Straße aber auch abseits des Sicherheitsaspekts „generell auf einem strategischen Holzweg“. Petritsch kann sich nicht vorstellen, dass es aus Sicht eines zukunftsorientiert denkenden Jugendlichen attraktiv erscheint, bis zu 15 Stunden am Stück auf den Straßen mit einem LKW unterwegs zu sein. 
vida: LenkerInnen-Mangel mit besseren Arbeitsbedingungen in Griff bekommen
Um den FahrerInnen-Mangel in der Branche wieder in den Griff zu bekommen, müsste daher in erster Linie bei der Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen angesetzt werden. Der Job werde nicht attraktiver, indem man nur das Arbeitskräftepotenzial ausweitet. „Herr Klacska (Alexander Klacska, Obmann WKÖ Transport), setzen Sie sich lieber mit uns gemeinsam in Brüssel für eine Reform der EU-Verordnung 561, die LenkerInnen bis zu 15 Stunden arbeiten und am Steuer sitzen lässt, und für einen Ausbau der sozialen Infrastruktur entlang des hochrangigen Straßennetzes, ein. Dann werden die Frächter schneller auch wieder InteressentInnen für ein dadurch attraktiver gemachtes Berufsbild LKW-LenkerIn finden. Auch die Allgemeinheit würde es Ihnen sicherlich hoch anrechnen, wenn unserer Straßen und Ortschaften durch zufriedenere und weniger übermüdete LenkerInnen sicherer würden“, bekräftigt Petritsch.
(Quelle: WKÖ und Gewerkschaft vida)